Digitale Partizipation
- Partizipation: Aktiv dabei sein
- Grosse Unterschiede bei den Kantonen
- Breite Einsatzmöglichkeiten
- Die Frage der Repräsentativität
- Erfolgskriterien der Partizipation
- Konkrete Fragestellungen schaffen Betroffenheit
- Fallstricke bei der Partizipation
- Analoge Mitwirkung bleibt wichtig
- Hybride Partizipation: Die Zauberformel?
Neben traditionellen Informationsveranstaltungen rückt die digitale Partizipation zunehmend in den Fokus öffentlicher Projekte. Doch welche Vor- und Nachteile bringt diese neue Form der Mitwirkung mit sich? Und wie motiviert man Menschen überhaupt dazu, daran teilzunehmen? Unser Ratgeber bietet Einblicke in die wichtigsten Aspekte, auf die Sie achten sollten.
Partizipation: Aktiv dabei sein
Die digitale Partizipation umfasst sämtliche digitalen Verfahren, die es der Bevölkerung erlauben, an politischen Entscheidungsprozessen mitzuwirken. Digitale Partizipation, auch E-Partizipation genannt, ist somit eine moderne Form der Beteiligung.
Die Schweiz mit ihrer direkten Demokratie bietet ihrer Bevölkerung vielfältige Möglichkeiten zur Mitwirkung und Mitsprache. Dennoch wünschen sich viele Einwohner:innen eine frühzeitige Einbindung in wichtige Projekte auf kommunaler oder kantonaler Ebene. Partizipation ist mittlerweile häufig fester Bestandteil der Projektkommunikation. Mehr zum Thema Projektkommunikation gibt es hier.
Die öffentliche Hand ermöglicht oft nicht nur Abstimmungen an der Urne, sondern auch eine frühzeitige Beteiligung an der Projektentwicklung durch Mitwirkungsveranstaltungen. Oft macht aber nur ein geringer Teil der Bevölkerung von dieser politischen Teilhabe Gebrauch. Die Frage ist also: Wie können die Verantwortlichen ihre Stakeholder zur Mitwirkung motivieren? Hier kommt der vielversprechende Ansatz der digitalen Partizipation, auch bekannt als E-Mitwirkung oder E-Partizipation, ins Spiel. Mehr zum Thema Stakeholder Management finden Sie hier.
Durch rein physische Mitwirkungsmöglichkeiten gehen den Kantonen und Gemeinden eine beträchtliche Anzahl potenzieller Teilnehmenden verloren – nämlich jene, die aus Zeitgründen oder anderen Verpflichtungen nie an klassischen Informations- und Diskussionsveranstaltungen teilnehmen. Daher ist es offensichtlich: Auch die Partizipationsmöglichkeit der öffentlichen Verwaltung muss im digitalen Zeitalter Fuss fassen. Digitale Technologien bieten hier viele Chancen.
Laut einer Studie der ZHAW aus dem Jahr 2021 bevorzugt die Mehrheit der Zürcher Bevölkerung digitale oder zumindest hybride Formen der Partizipation gegenüber traditionellen Offline-Methoden.
Grosse Unterschiede bei den Kantonen
Viele Gemeinden in der Schweiz sind jedoch bei der Digitalisierung ihrer Mitwirkungsprozesse noch nicht so weit, wie eine Studie aus dem Jahr 2023 zeigt. Der DigiPart-Index erfasst jährlich, inwieweit sich die Schweizer Bevölkerung digital an politischen Prozessen beteiligen kann. Im Jahr 2023 blieb der Durchschnittswert aller Kantone relativ niedrig. Besonders kleine, ländliche Kantone bieten nur begrenzte Instrumente für die digitale politische Mitwirkung. Doch selbst Spitzenreiter haben Raum für Verbesserungen. Mehr Infos zur Studie hier.
Breite Einsatzmöglichkeiten
In der Projektentwicklung eröffnen virtuelle Formate neue Möglichkeiten. Die Bandbreite digitaler Mitwirkungsplattformen ist gross und reicht von formellen bis zu informellen Beteiligungsmöglichkeiten.
Formelle Partizipation
- Offizielle Stellungnahmen einholen
- Gesetzlich vorgeschriebene Vernehmlassung durchführen
Informelle Partizipation
- Frühzeitige Einbindung der Bevölkerung
- Informelle Rückmeldungen einholen (z.B. von Verbänden, Vereinen, Interessengemeinschaften)
- Erfassung von Befürchtungen und Ängsten bezüglich Projektvorhaben
- Einbringen neuer externer Ideen
- Abwägung von Alternativen und Varianten
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Die Frage der Repräsentativität
2022 führten Konova und die ZHAW eine Umfrage unter Städten und Gemeinden der Schweiz zur digitalen Mitwirkung durch. Die Ergebnisse zeigen, dass nur eine Minderheit Erfahrung mit der Durchführung digitaler Mitwirkungsprozesse gesammelt hat. Unter denjenigen, die es bereits versucht haben, wurden auf der negativen Seite vor allem Bedenken hinsichtlich der niedrigen Beteiligung genannt. Hier geht’s zur Studie.
Muss digitale Partizipation repräsentativ sein? Nein, das muss sie nicht. Natürlich ist es wünschenswert, wenn sich eine grosse Anzahl von Menschen beteiligt. Doch es ist keine zwingende Voraussetzung für den Erfolg. Auch kleine Gruppen von Teilnehmenden liefern wertvolle Ergebnisse. Die Rückmeldungen reichen oft aus, um relevante Bedenken und Wünsche zu erfassen. Schliesslich sind auch Gemeindeversammlungen oft nur von wenigen Einwohner:innen besucht, meist älter und stark politisch interessiert. Diese Gruppe ist nicht repräsentativ für die gesamte Bevölkerung. Die digitale Partizipation bietet hingegen die Möglichkeit, auch diejenigen zu erreichen, die selten an offiziellen Veranstaltungen teilnehmen, zum Beispiel junge Erwachsene.
Digitale Partizipation muss nicht repräsentativ sein – Gemeindeversammlungen sind es auch nicht.
Erfolgskriterien der Partizipation
Um die Bevölkerung zur aktiven Teilnahme zu bewegen und zu halten, müssen einige entscheidende Kriterien erfüllt sein. Diese gelten sowohl für physische als auch für digitale Mitwirkungsmöglichkeiten.
- Das Thema ist klar, verständlich und konkret greifbar
- Das Thema betrifft die Zielgruppen (möglichst) direkt
- Die Rahmenbedingungen für die Mitwirkung sind klar und attraktiv (Ziele und Einflussmöglichkeiten)
Diese Kriterien mögen auf den ersten Blick banal erscheinen, aber sie sind keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Um abstrakte Prozesse oder Projekte verständlich zu machen, müssen die Unterlagen ansprechend und verständlich aufbereitet werden. An dieser kommunikativen Aufbereitung hapert es in der Realität sehr oft bei Projekten.
Konkrete Fragestellungen schaffen Betroffenheit
Fragen wie «Tempo 30?», «Freibad ja oder nein?» oder «Wie lange sollen die Beizen geöffnet bleiben?» lösen sofort eine emotionale Reaktion aus – fast jede:r Einwohner:in hat eine Meinung dazu. Aber der kommunale Richtplan weckt selten Emotionen. Das bedeutet: Um die Zielgruppe zur Teilnahme zu motivieren, müssen die Pläne der Ingenieur:innen, Planer:innen und Behörden heruntergebrochen, verdeutlicht und veranschaulicht werden – am besten noch zielgruppenspezifisch. Diese Art der Projektkommunikation ist anspruchsvoll, aber am Ende macht sie den entscheidenden Unterschied aus.
Fallstricke bei der Partizipation
Wer an der Partizipation teilnimmt, tut dies nicht ohne Grund. Es geht darum, etwas zu bewirken und für den eigenen Einsatz wertgeschätzt zu werden. Dazu gehört auch die transparente Information über die Ergebnisse. Es kann viel Goodwill verloren gehen, wenn Teilnehmende das Gefühl haben, dass ihre Beteiligung nur eine Alibi-Übung war und bereits alles entschieden wurde. Daher sind der Zeitpunkt und die Rahmenbedingungen eines Mitwirkungsprozesses entscheidend, ebenso wie die klare Identifizierung der Zielgruppe.
Um die potenziellen Teilnehmenden zu erreichen, sind umfassende kommunikative Massnahmen erforderlich. Dazu gehören Medienarbeit, Social Media und alle anderen üblichen Kommunikationsmittel, mit denen auch sonst die Zielgruppen angesprochen werden. Andernfalls verpufft die digitale Partizipation.
Vorteile:
- Orts- und zeitunabhängig («vom Sofa aus möglich»)
- Einfacher Zugang, grosse Reichweite
- Erreicht eine breite Zielgruppe
- Fördert Akzeptanz und Transparenz
- Steigert Effizienz und vereinfacht Prozesse
- Bietet durchgängigen Kommunikationskanal
Nachteile:
- Schliesst weniger digitalaffine Personen aus
- Geringere Interaktivität
- Unpersönlicher
Analoge Mitwirkung bleibt wichtig
Trotz der spannenden Möglichkeiten der digitalen Partizipation hat die analoge Beteiligung nach wie vor ihre Berechtigung. Sie bietet unbestreitbare Vorteile, insbesondere bei kleineren Zielgruppen wie Begleitgruppen in Projekten, wo persönliche Interaktion für das gegenseitige Vertrauen unerlässlich ist. Im persönlichen Austausch können extreme oder einseitige Positionen besser besprochen werden und häufig kommt es zu einer gewissen Annäherung. Im Gegensatz dazu besteht bei digitalen Stellungnahmen, ähnlich wie in sozialen Netzwerken, die Gefahr, in der eigenen „Blase“ gefangen zu sein, da die interaktive Komponente fehlt. Darüber hinaus können bei digitaler Mitwirkung bestimmte Bevölkerungsgruppen – wie ältere oder weniger digitalaffine Menschen – ausgeschlossen werden, was vermieden werden sollte.
Ein Projekt von Konova und der Gemeinde Oberägeri
Im Jahr 2023 stand in der Gemeinde Oberägeri die Überarbeitung der strategischen Ziele an. Der Gemeinderat beschloss, diesen Prozess gemeinsam mit der Bevölkerung durchzuführen und setzte dabei auf eine Kombination aus digitalen und analogen Methoden.
Zunächst fand eine Strategievernissage statt, bei der die Einwohner:innen gemeinsam mit dem Gemeinderat verschiedene Themenfelder diskutierten. Die dabei entstandenen Ideen wurden anschliessend auf der digitalen Plattform der Gemeinde veröffentlicht, wo die Bevölkerung sie einsehen und weiterentwickeln konnte.
Basierend auf diesen Ergebnissen erarbeitete die Gemeinde die Grundlagen für die neue Strategie. Anschliessend hatten die Einwohner:innen erneut die Möglichkeit, sich auf der E-Mitwirkungsplattform dazu zu äussern.
Dank dieses hybriden Partizipationsprozesses ist die Strategie breit abgestützt. Die digitale Mitwirkung ermöglichte eine Beteiligung unabhängig von Zeit und Ort.
Hybride Partizipation: Die Zauberformel?
Eine Kombination aus analoger und digitaler Partizipation könnte genau das sein, wonach viele Projekte und Prozesse suchen. Wenn Ideen zunächst in einer kleineren Gruppe aus der Bevölkerung entwickelt und diskutiert werden, legt man den Grundstein. Diese direkte Interaktion bei realen Events ist oft effektiver. Anschliessend kann die Akzeptanz der Ideen digital bei einer viel grösseren Anzahl von Teilnehmenden erfragt und die Ideen weiterentwickelt werden. Das ist nicht nur effizient, sondern kann auch zu spannenden und breit abgestützten Ergebnissen führen.
Digitale Partizipation wird zunehmend zu einem wichtigen Bestandteil erfolgreicher Projektkommunikation. Sie ist eine wertvolle Ergänzung zu den bestehenden Kommunikations- und Mitwirkungsinstrumenten. Aus diesem Grund ist C-Factor dem Ökosystem von Konova beigetreten und unterstützt das innovative Schweizer Start-up als Fachpartnerin für Kommunikation. Die Plattform von Konova für die E-Mitwirkung hat sich bereits in Dutzenden von Projekten bewährt und entwickelt sich zur Standardplattform für die öffentliche Hand.
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Autor
Philipp Metzler ist Mit-Gründer und Partner bei C-Factor. Einst als Journalist gestartet, verfügt er über rund 25 Jahre Erfahrung in der Kommunikationsberatung. Er hat die Entwicklung von der klassischen Kommunikationsagentur mit PR-Fokus zur Spezialistin für Content Marketing, Employer Branding und Projektkommunikation geprägt. Als Leiter Beratung ist er Sparring Partner für Kund:innen, das Beratungsteam sowie das Kreativnetzwerk der Agentur.
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